Silberschweif

Variatio delectat

Contra gibt Contra

Nun gibt es auch von Contra, dem Aktionsbündnis für freie Bildung, einen amüsanten Beitrag zur Diskussion um die „Bachelor-Berufsschule“ (hier), den man sich hier durchlesen kann.
Ich konnte mir einen Kommentar nicht verkneifen, der folgendermaßen aussah:

Lieber „bombay beats“,

Zunächst freut es mich, dass es nun auch von Contra einen Kommentar zu dem Thema gibt.

Bevor ich auf einige deiner Aussagen eingehe, müssten wir eigentlich klären, worauf die Diskussion hinauslaufen soll. Auf einen (Minimal-)Konsens? Falls das in deinem Interesse liegt – ich finde diese Vorstellung durchaus erstrebenswert – wäre es natürlich sinnvoll, weniger ideologische Seifenblasen zu produzieren, in die jeder und in die man mit jedweder Argumentation hinein stechen kann, ohne sie zum Platzen zu bringen.

Nun zu einigen deiner angesprochenen Punkte:

„Die Autonomie des Geistes fällt der Evaluitis, dem Tabellenfetischismus und der industriellen Sammlung von credit points ohne größere Störgeräusche zum Opfer. Dass solche Unterwürfigkeit der zum Idol erhobenen angelsächsischen Wissenschaftskultur, mittlerweile durch führende Köpfe studentischer Boulevardpresse von jeglicher Kritik entbunden gesehen werden möchte […]“
Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber so wie im B.A./M.A.-System Credit Points gesammelt werden, ist man im Dipl.-/Magister- etc. System angehalten, Scheine zu sammeln. So, what’s the deal? Wir könnten uns hier evtl. darauf einigen, dass es im anglo-amerikanischen deutlich mehr sind. Da ist richtig. Aber: Was ist daran schlecht, viele Veranstaltungen zu belegen, dort Referate zu halten, Hausarbeiten oder Klausuren zu schreiben bzw. anderweitige Leistungen zu erbringen? Ist das so erworbene Wissen weniger wert? Im Übrigen: Zwar fühle ich mich geehrt, als „führender Kopf“ angepriesen zu werden, muss dich dahingehend allerdings bitter enttäuschen. Hättest du ein wenig mehr im Internet als bei Horkheimer recherchiert (oder gar die vergangenen Ausgaben von presstige gelesen, Gott bewahre!), wäre dir sicherlich aufgefallen, dass sich seit dem Jahreswechsel 2007/08 (!!) Jan Koenen federführend für presstige verantwortlich zeichnete und es mittlerweile erneut einen Wechsel in der Chefredaktion mit Pat und Vicky gab.

Zu deinen Ausführungen bezüglich Horkheimers erstem Zitat:
Es spricht für deine Unkenntnis hinsichtlich des Studiengangs Medien und Kommunikation, dass du, blind Horkheimer folgend, davon ausgehst, dass wir keinerlei Wahlmöglichkeiten hätten. Dem ist beileibe nicht so. Ich kann mir ebenso aussuchen wie Magisterstudierende, welche Veranstaltung ich belegen will. Nein, vielmehr noch: Ich kann mir sogar aussuchen, welche Leistungsnachweise ich erbringen möchte. Mache ich nur ein Referat und lasse die Klausur/Hausarbeit etc. links liegen? Gehe ich stattdessen lieber in eine weitere Veranstaltungen und erbringe dort noch eine Leistung? Dabei sehe ich durchaus Probleme an der gesamten B.A.-/M.A.-Problematik: keine Vergleichbarkeit der Studiengänge (z.B. ist Medien und Kommnunilation in Augsburg nur schwer vergleichbar mit Medien und Kommunikation in Passau, weshalb Passauer MuKler nur schwer in den Augsburger Master wechseln können), Internationalität war bereits vor der Umstellung gegeben (man konnte schon früher ein Auslandssemester machen), in gewissen Studiengängen ein tatsächlich strikter Stundenplan. Und genau letzteres ist es ja: der Augsburger MuK-Studiengang gibt dir keine festen Stundenpläne vor. So wie z.B. Soziologie-Studierende in einem gewissen Bereich einen Schein erbringen müssen, gilt das für MuKler ebenso.

„Was sind die Ursachen dieser narzisstischen Kränkungen und egozentrischen Reduktionen?“
Ich weiß zwar nicht, weshalb meine Ausführungen „selbsverliebt“ oder ichbezogen sein sollen, aber das wirst du mir sicherlich mittels deiner absolut nicht-narzisstischen Schriftbefähigung erklären können. Jeder, der deinen Artikel hier liest, muss doch unweigerlich ob deiner – und das kannst du beileibe nicht abstreiten – Wortwahl amüsiert das Schmunzeln beginnen.

„Diese von Sinn gelöste Nebeldebatte auf dem Privat-Blog von Herrn Hahn, um die Intention der Unterstellung beim Gegenüber steht exemplarisch für die totale Aufgabe studentischer Kritik an bildungspolitischen Entwicklungen.“
Falls diese Diskussion dazu beitragen kann, sich sinnvoll über das B.A./M.A.-System zu unterhalten, sprich zweifelsfrei vorhandene Nachteile, jedoch auch die ohne Zweifel gegebenen Vorteile dieses Systems darzulegen, wäre ich hoch erfreut. Insofern kann von einer „totalen Aufgabe studentischer Kritik“ keine Rede sein. Vor allem nicht hinsichtlich deiner Argumentation: Warum benennst du einmal nicht klipp und klar die deiner Meinung nach schlechten Merkmale dieses Systems und – das wäre natürlich optimal – lieferst gleichsam etwaige Lösungsvorschläge? Ups, bin ich dir wieder zu pragmatisch geworden? War ich wieder nur auf Lösungen aus und habe ich mich einer ideologisch-verzerrten Propaganda (zum Propaganda-Begriff siehe übrigens interessante Ausführungen in brand eins, 02. Februar 2009, S.40ff) verschlossen? Sorry, tut mir leid. Welcome to the world!

„Die psychische Struktur des neoliberalen homo oeconomicus ist psychisch paranoid: […] Zum anderen ist es die FDP-Floskel, die das Märchen vom Tellerwäscher zum Millionär pervertiert; Herr Hahn schreibt sinngemäß: „Ich habe es geschafft und ich hatte genügend Zeit, also muss das bei allen anderen auch so funktionieren, ansonsten sind sie nicht geeignet, in jedem Fall nicht Kritik berechtigt.“
Psychologisch natürlich höchst interessant, mich in eine neo-liberale Ecke zu stellen. Hm, die FDP ist demokratisch, stimmt’s? Dann kann ich damit leben. Nur leider bist du nicht fähig, eine korrekte Interpretation meiner Aussagen zu formulieren (– dabei hattest du doch wirklich genügend Zeit. Mein Post und die Antwort des AStA sind doch nun schon eine halbe Ewigkeit online …). Ich hoffe nur, du bist kein Geisteswissenschaftler. Ihr müsst doch viel interpretieren, oder? Ich sage eben nicht, dass es, nur weil ich es hinbekommen habe (muss ich mich dafür schämen? Ich glaube nicht.), auch andere schaffen müssen. Anscheinend hast du meinen Beitrag nicht gänzlich gelesen. Denn dort schreibe ich, dass es viele Kommilitonen gibt, die keinerlei Probleme mit den Anforderungen des Studiums haben und sich zusätzlich außeruniversitär engagieren. Im Übrigen sage ich in einem Kommentar ausdrücklich, dass es sicherlich Studierende geben wird, die überfordert sind. Aber glaube mir, das gab und gibt es auch bei Magister- und Diplomstudierenden bzw. Studierenden mit anderen Abschlussarten.

„[…]wozu es jedoch eines tieferen Vordringens in die Zusammenhänge der Wirklichkeit bedarf, als nur jener oberflächlich fragmentarischen Belanglosigkeiten im Stile einer Präsentation der eigenen Vorbehalte […]“
Ich werfe gleich drei Euro ins Phrasenschwein, aber: Du kennst sicherlich den Spruch „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“. Du hast offensichtlich keinerlei Ahnung über den tatsächlichen Ablauf des B.A./M.A.-Systems bzw. des MuK-Studiengangs – und nur darauf beziehe ich mich, da andere Studiengänge mit Bachelor-/Masterabschluss ganz anders aufgebaut sein können. Denn sonst würdest du nicht nur Parolen, die den Beigeschmack eine bemüht wirkenden Klassenkampf-Tonalität haben, und ebenfalls bemüht herangeschaffte Zitate anführen, sondern auch mal eigene, konstruktive Gedanken formulieren, die – und ich wiederhole mich – stichhaltig sind, sprich konkrete Missstände formulieren, und den Keim einer Lösung in sich tragen.

„ […] leider ohne jedweden ästhetischen Anklang, oder ironischen Esprit, so dass man zumindest einmal hätte lachen können!“
Oh, ich wusste gar nicht, dass Argumente in einer Diskussion stets den Anspruch haben müssen, den Leser zu belustigen. Ich dachte, es geht vielmehr um Überzeugungskraft. Aber du hast Recht: Ich musste bei deinen Ausführungen tatsächlich lachen. Und wie gesagt: Ich hoffe, du bist nicht in dem Glauben verhaftet, viele Zitate würden dich zu einem besonders intelligenten Autor machen. Ich sehe leider kaum eine eigene Leistung in deinem Beitrag. Es fehlen konkrete Formulierungen und Diskussionsansätze für die Zukunft. Das heißt: Tremaverfehlung, setzten und sechs.

Viele Grüße
Dominik

P.S.
„hing so viel von der Initiative, vom leidenschaftlichen Willen der Jugend zur Wahrheit, von ihrer unbeirrbaren Liebe zur Humanität ab, wie heute von den jungen Frauen und Männern die den Vorzug haben, zur Universität zu kommen und später einmal dazu helfen sollen, dass der geistige Mensch nicht von der Erde verschwindet“
Ja ja, die unbeirrbare Liebe zur Humanität, die du hier postulierst, ist so eine Sache. Ich erinnere mich noch ziemlich gut an zwei Ereignisse, die genau das von dir bzw. Contra in putziger Art und Weise Wiederholende, konterkarieren:
1. Es gab eine Zeit, da war in jeder presstige-Ausgabe je ein Bier-Gutschein ausgelegt. Jeder Leser sollte sich an dem kühlen Nass erfirschen. Aber nein, da kam Contra-Mann „Der Ombe“ und klaute aus dem presstige-Ständer vor der alten Cafete vor meinen Augen zig Gutscheine aus den Magazinen heraus. Bedauerlicherweise konnte er mir dafür keine Erklärung anbieten, die ich nachvollziehen hätte können. Wollte er sie Jesus-gleich an bedürftige Kommilitonen, die nicht fähig waren, zum presstige-Ständer zu laufen, die Gutscheine verteilen. Ja, so muss es seine Absicht gewesen sein! Ach, Schande über mein Haupt, dass ich ihn beschimpft habe …
2. Es begab sich ein knappes halbes Jahr später, da verteilten Conta-Aktivisten auf dem Campus Flyer gegen die Studienbeiträge (sorry, es heißt leider wirklich so …). Zufällig verzteilten auch presstige-Redakteure das aktuelle Heft. Ich denke, im Sinne eines betriebswirtschaftlichen Gedankens zur Effizienzsteigerung heraus, kam einer der Contra-Jünger an unseren Stand und verlangte, wir sollten doch alle Contra-Flyer in unsere presstige-Magazine einlegen. Natürlich hatte er dabei nicht im Sinn, sich im Anschluss dieser Instrumentalisierung auf die faule Haut zu legen und ein (geklautes Gutschein-)Bier zu trinken. Nein, niemals! Ganz empört sah er uns an, als wir einwilligten dies zu tun, sofern er uns – wie alle anderen Werbekunden auch – den entsprechenden Betrag aushändigte. Eine Schweinerei unsererseits, oder? Wir kapitalistischen Idioten. Wie konnten wir es nur wagen?!

Also Jungs, mal ganz tief durchatmen und lieber vor der eigenen Haustüre kehren! Das nächste Mal vielleicht mit einem Namensschild, auf dem der richtige Name steht und nicht „bombay beats“ …

Februar 24, 2009 - Posted by | Privat | , , , ,

2 Kommentare »

  1. Lieber Dominik,

    ich möchte nur kurz klarstellen, dass ich nicht Mitglied des Aktionsbündnisses contra bin. Also benutze bitte nicht irgendwelche Aktionen meinerseits, um contra zu kritisieren.

    Es geht hier also ausschließlich um mein persönliches Verhalten und das hat mit den politischen Aktionen von contra nichts zu tun. Daher würde ich dich bitten, das Ganze auch persönlich mit mir zu klären und nicht im contra-Blog. Wenn du magst, kannst du mir also gerne eine Mail schreiben, dann können wir das Ganze so besprechen, wie es sich eigentlich gehört, nämlich unter vier Augen.

    Viele Grüße

    Thomas a.k.a. „Contra-Mann Der Ombe“

    Kommentar von Thomas Neumann | März 17, 2009 | Antworten

  2. […] Besuch auf eigene Gefahr! Link zu der Stellungnahme von contra zu ihrer Bachelor-Berufsschule-AktionDie Reaktion auf Silberschweif dazuNun aber zum eigentlichen Inhalt dieses Artikels. Also, kommen wir erst einmal zu dem, was ich durch […]

    Pingback von Bachelor-Berufsschule: induktiv 1 | Tarphos | Februar 18, 2011 | Antworten


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